Peking

Reiseblog

TRAVEL

Matze

12/14/20244 min lesen

Es hat etwas länger gedauert, aber hier ist nun mein Reiseblog über Peking :-). Zuerst einmal: Warum Peking? Wie ihr wisst, hat mir Taipei sehr gut gefallen. Mein Urlaub in Taiwan, auch „Republik China“ genannt, war für mich der perfekte Mix zwischen Ost und West. Als neues Abenteuer wollte ich einen direkten Vergleich mit dem anderen China, der „Volksrepublik China“, und der Hauptstadt Peking.

Wie jede Reise begann auch diese mit Recherchen. Was mir dabei aufgefallen ist: Die meisten Reiseblogger hatten vor ihrer Reise ähnliche Vorurteile wie ich. Peking? Das war für viele gleichbedeutend mit Smog, unfreundlichen Menschen, chaotischem Verkehr, Überwachung, Schmutz, Chaos und hohen Preisen. Ich kann schon jetzt verraten: Peking hat mich überrascht.

Da ich nach dem Urlaub so viele neue Eindrücke und Erkenntnisse gewonnen habe, habe ich beschlossen, den Blog in zwei Teile aufzuteilen. Im ersten Teil möchte ich auf die größten Vorurteile eingehen, die viele von uns über China haben – insbesondere Zensur und Überwachung. Im zweiten Teil geht es dann direkt um Peking als Stadt und meine Erfahrungen vor Ort, vom Essen über die Sehenswürdigkeiten bis hin zu den Menschen. Wichtig ist mir dabei zu betonen, dass dieser Blog aus Sicht eines Touristen geschrieben ist. Es geht darum, wie ich die Stadt im Urlaub erlebt habe, und nicht darum, komplexe politische Themen zu bewerten. Mein Ziel ist es, Eindrücke zu teilen, die einem als Besucher auffallen, und vielleicht auch den einen oder anderen Denkanstoß zu geben.

Also los geht’s mit Teil 1:

Die Vorbereitungen und Zensur

Bei jeder Reise sind für mich die Themen Internet, Geld und Verkehr besonders wichtig. In China hängen diese drei eng miteinander zusammen. Ohne funktionierendes Internet am Handy kann man in Peking fast nichts machen. Daher sind eine funktionierende Daten-eSIM und ein zuverlässiges VPN unverzichtbar, weil die chinesische „Great Firewall“ Plattformen wie Google und Instagram blockiert, offiziell zum Schutz von „politischer Stabilität und kulturellen Werten“. Gleichzeitig hat diese Maßnahme inländischen Diensten wie WeChat, Didi und Alipay ermöglicht, ohne ausländische Konkurrenz zu wachsen und Innovationen voranzutreiben. Diese Apps haben inzwischen jeweils über eine Milliarde Nutzer und vereinen Kommunikation, Bezahldienste, E-Commerce und Mobilität. In Peking sind WeChatPay und Alipay unverzichtbar, um mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren, Tickets für Sehenswürdigkeiten zu kaufen oder Didi, das chinesische Uber, zu nutzen.

Mein Gedanke zu diesem Thema: Ist diese Art von „Wettbewerbsverzerrung“ nicht fragwürdig? Was wäre die Alternative? Bei uns dominieren Zahlungsdienste wie PayPal und Kreditkartenunternehmen, die ihr Kerngeschäft seit Jahren kaum weiterentwickeln. Das bremst Innovationen, während in China gezielte Eingriffe in den Markt lokale Unternehmen gestärkt haben. Die „Great Firewall“ wird offiziell als Maßnahme zum Schutz von Kultur und Stabilität dargestellt, doch sie hat vor allem dazu geführt, dass sich ausländische Dienstleister sich nicht in den chinesischen Markt einmischen.

Interessanterweise nutzen viele Chinesen VPNs, um auf gesperrte Inhalte zuzugreifen, und das scheinbar ohne Angst und offen kommuniziert. Das heißt: jeder der will, kann auf ausländische Inhalte zugreifen. Gleichzeitig ist der Unterschied zwischen Apple und Google ein gutes Beispiel dafür, wie China bei der Firewall strategisch vorgeht. Apple, als Hardware- und Technikkonzern, bleibt unberührt, während Google als Informationsplattform blockiert wird. Als Mitglied der WTO kann China damit argumentieren, dass die Firewall nichts mit wirtschaftlichen Interessen zu tun hat, sondern ausschließlich dem Schutz politischer Stabilität dient. Doch in der Praxis hat sie maßgeblich dazu beigetragen, dass chinesische Apps wie WeChat und Alipay heute als nächste Entwicklungsstufe von Zahlungsdiensten gelten. Elon Musk scheint das erkannt zu haben, denn mit Twitter plant er eine Plattform, die ähnliche Multifunktionen bietet.

Überwachung?

Ein weiteres Thema, das in Peking sofort auffällt, ist die allgegenwärtige Überwachung. Kameras sind überall – alle paar Meter auf der Straße, in öffentlichen Verkehrsmitteln und in Einkaufszentren. Es ist unmöglich, sich zu bewegen, ohne von ihnen erfasst zu werden. Während dieser Grad an Überwachung aus unserer Sicht oft kritisch gesehen wird, ist er in China ein akzeptierter Teil des Alltags.

Die Kameras liefern auch Daten für das „Social Scoring“. Dieses System soll dazu beitragen, dass sich jeder regelkonform verhält, indem positives Verhalten belohnt und negatives sanktioniert wird. Eine hohe Bewertung bringt Vorteile wie bevorzugten Zugang zu Krediten oder schnellere Genehmigungen, während eine niedrige Bewertung zu Einschränkungen führen kann, z. B. bei Jobchancen oder öffentlichen Dienstleistungen.

Interessant ist, dass das „Social Scoring“ in China bei uns oft scharf kritisiert wird, während ähnliche Mechanismen hier kaum hinterfragt werden. Ein Beispiel ist die SCHUFA, die unser finanzielles Verhalten bewertet und Einfluss darauf hat, ob wir einen Kredit bekommen oder eine Wohnung mieten können. Ebenso werden bei Bewerbungen polizeiliche Führungszeugnisse verlangt, um festzustellen, ob man ein „guter Bürger“ ist. Der Unterschied liegt nicht in der Praxis selbst, sondern in der Verpackung: In China ist das System offen sichtbar und staatlich organisiert, während es bei uns dezent durch private Akteure umgesetzt wird.

Ein Unterschied, der auffällt: In Peking sind Vandalismus, Graffiti oder unangenehme Situationen kaum zu finden. Die Stadt wirkt sauber, sicher und gut organisiert – was vermutlich auch auf die allgegenwärtige Überwachung zurückzuführen ist. Es bleibt die Frage, warum wir solche Systeme so unterschiedlich bewerten.

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Zum Schluss Matze’s Praxistipps: China ist ein kommunistisches Land, das kapitalistischer ist als alles, was wir hier kennen. Wir sollten versuchen, uns von alten Vorurteilen zu verabschieden. Eine Reise nach China bedeutet nicht, dass man mit allen politischen Entscheidungen einverstanden ist. Es eröffnet die Möglichkeit, neue Kulturen, ihre Werte und neue Systeme kennenzulernen und dabei auch die eigenen zu hinterfragen. Zensur und Überwachung gibt es tatsächlich, haben aber für Touristen kaum direkte Auswirkungen. Wobei vielleicht ein bisschen – ich habe zweimal überlegt, ob ich meinen Müll in die richtige Tonne geworfen habe (ja, auch in Peking gibt es Mülltrennung), weil ich mich beobachtet fühlte :-). Die Stadt hinterlässt dadurch einen Eindruck von Sauberkeit, Sicherheit und Ordnung. Mehr dazu im nächsten Blog… stay tuned…