Hamsterrad
Fluch und Chance zugleich
MOTIVATION
Wir haben im letzten Blog analysiert, dass der Hauptgrund für Neid eine tiefsitzende Unzufriedenheit und die daraus resultierenden unkontrollierten Emotionen sind. In diesem Blog möchte ich einen der Auslöser für Unzufriedenheit analysieren und mögliche Auswege zeigen. Die meisten, die unzufrieden sind, haben das Gefühl, in einem Hamsterrad gefangen zu sein, aus dem sie nicht ausbrechen können. Dieses Rad ist eine Endlosschleife derselben Aufgaben und Verpflichtungen, die uns in einem Zyklus gefangen halten und den wir nur schwer durchbrechen können. Aber ist dieses Hamsterrad wirklich eine Falle, und wie würde ein Ausbrechen aus diesem Rad aussehen?
Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass ich bereits unzählige Bücher und Studien darüber gelesen habe, wie toll es ist, aus seinem Hamsterrad und Alltag auszubrechen und ein neues Leben anzufangen. Folgt man diesen Tipps, ist es natürlich möglich, schnell einen gefühlten Erfolg zu erzielen, vergleichbar mit Tipps zum Abnehmen, die aber schnell in einem Jo-Jo-Effekt umschlagen. Anfangserfolge sind sicherlich lobenswert, aber es fehlt die Nachhaltigkeit. In diesem Blog möchte ich versuchen, einen nachhaltigen Weg aufzuzeigen. Betrachten wir unser Hamsterrad genauer: Wir leben in der Illusion der Bewegung und glauben, dass wir vorankommen, während wir tatsächlich auf der Stelle treten. Diese Erkenntnis kann entmutigend sein, birgt aber auch eine einzigartige Chance zur Reflexion und Neuausrichtung. Die Sehnsucht nach Veränderung und neuen Herausforderungen ist außerdem in uns allen vorprogrammiert. Früher oder später, aber spätestens zur Midlife-Crisis, holt uns das Verlangen nach „mehr“ ein.
Das Verständnis, dass wir immer in einem gewissen Zyklus oder Rad sind und sein werden, ist entscheidend. Wollen wir nachhaltig zufrieden sein, geht es nicht darum, unser Rad zu verlassen, sondern es zu unserem Vorteil zu nutzen. Wenn wir uns ein Hamsterrad vorstellen und etwas rauszoomen, erkennen wir hoffentlich, dass das Rad offen ist. Zoomen wir weiter raus, sehen wir, dass es in unserer Reichweite viele Räder gibt, in die wir fast ohne Mühe umsteigen können. Die wahre Kunst, zufrieden zu sein, liegt nicht darin, Räder zu meiden oder zu zerstören, sondern uns bewusst zu werden, dass wir nicht nur die Macht haben, unser Rad zu wählen, sondern auch diese neu zu justieren, zu vergrößern oder zu verkleinern. Unser Hamsterrad muss nicht als Symbol der Eintönigkeit und der Beschränkung stehen, sondern kann ein Werkzeug sein, mit dem wir Struktur und Sinn in unserem Leben schaffen. Um in unserem selbst gestalteten Rad zufrieden zu sein, müssen wir bewusste Entscheidungen über die Art und Weise treffen, wie wir unseren Alltag leben wollen. Das bedeutet, Prioritäten zu setzen und Routinen zu schaffen, die diese Prioritäten widerspiegeln. Es bedeutet aber auch, Raum für Flexibilität und spontane Freuden zu lassen, um die Monotonie zu durchbrechen und unser Leben mit Momenten der Freude und Zufriedenheit zu füllen. Eine gewisse tägliche Routine und Strukturen, für das das Rad steht, sind nicht nur notwendig, sondern auch grundlegend für unser Wachstum und unsere Zufriedenheit. Wissenschaftliche Studien bestätigen, dass Routinen und Strukturen notwendig für unsere psychische Gesundheit sind und wir daher immer ein Rad in unserem Leben benötigen, um glücklich zu sein.
Ich weiß, leichter gesagt als getan. Warum fällt es uns so schwer, das umzusetzen? Unser Hang, immer wieder in dieselben Räder zu steigen, selbst wenn wir in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht haben, offenbart eine tief verwurzelte menschliche Tendenz. Dieses Muster, besonders auffällig in unseren Beziehungen, wo wir oft Partner wählen, die uns auf ähnliche Weise schaden, verweist auf unsere Neigung, das Vertraute dem Unbekanntenvorzuziehen. Diese Präferenz für das Bekannte rührt teilweise von unserem tiefen Bedürfnis nach Sicherheit und Vorhersehbarkeit her. Selbst wenn das Bekannte schädlich ist, bietet es eine gewisse Sicherheit in der Vorhersehbarkeit des Schmerzes, im Gegensatz zu der ungewissen Angst vor dem Neuen und Unbekannten.
Psychologisch gesehen spielen hier auch unsere frühkindlichen Prägungen und erlernten Verhaltensmuster eine Rolle. Oft wiederholen wir unbewusst Muster, die uns in der Kindheit vertraut wurden, in der Hoffnung, diesmal ein anderes und besseres Ergebnis zu erzielen. Dieses Phänomen, bekannt als "Wiederholungszwang", zeigt unsere tiefgreifende Sehnsucht, vergangene Verletzungen zu heilen, indem wir ähnliche Situationen neu inszenieren, in der Hoffnung, sie diesmal "richtig" zu machen.
Letztendlich ist es nicht das Hamsterrad selbst, das uns einschränkt, sondern unsere Engstirnigkeit und die Angst vor Veränderungen, auch wenn wir uns damit schaden. Das Ablegen bekannter Verhaltensmuster erfordert eine bewusste Anstrengung, Selbstreflexion und oft auch Unterstützung. Je nach Schwere kann die Unterstützung vom sozialen Umfeld kommen, wie durch Gespräche mit Freunden und Familie. Geht es um schwerwiegendere Themen, benötigt man professionelle Hilfe. Die größte Hürde, sich anderen zu öffnen, ist die Angst vor Verurteilung. Manchmal ist es einfacher, mit gänzlich fremden Menschen über unsere Gedanken und Ängste zu reden, als mit dem eigenen sozialen Umfeld. Fun Fact: Ab einem gewissen Alter wird jeder die Erfahrung gemacht haben, auf dem Sofa eines Psychologen zu liegen und das Ergebnis als „sehr befreiend“ einzustufen. Auch ich kenne einen Freund eines Freundes, des Bruders der Friseurin meines Hausmeisters, der mir das bestätigt hat ;-).
Zum Schluss Matzes Praxistipps: Es existiert immer ein Grund, warum Dinge so sind, wie sie sind. Im besten Fall sind wir nur zu faul oder bequem, diese zu ändern. Im schlimmsten Fall haben wir Angst vor Veränderungen und schaden uns damit selbst. Oft genügt es bereits, durch Reden, Schreiben oder das Finden eines anderen Ventils unsere Gedanken zu verarbeiten und aktiv an unserer Zukunft zu arbeiten. Ich zum Beispiel, verwende CommunityTee und die Blogs als Ventil.
Die Idee hinter CommunityTee ist es (wie der Name schon sagt) eine Community aufzubauen, wo wir uns auszutauschen und uns gegenseitig in jeder Lebenslage helfen. Egal, ob ihr Rat sucht, Eure eigenen Erfahrungen teilen möchtet oder einfach nur das Bedürfnis habt, gehört zu werden. Ihr seid gerne eingeladen, mit mir und dem Tai, der mich bei diesem Projekt unterstützt, in Kontakt zu treten und euch alles von der Seele zu reden/schreiben. Alles wird natürlich diskret behandelt!.. stay tuned…
Quellen und weiterführende Links (letzter Aufruf 16.2.2024):
Northwestern Medicine: Health Benefits of Having a Routine
Psychology Today: The Power of Routines in Your Mental Health
Psychologie Heute: Warum sind wir „verdammt zum Wiederholen“?
PsychCentral: What is Repetition Compulsion?
Medical News Today: What to know about repetition compulsion
Simply Psychology: Repetition Compulsion: Why do we repeat the past?